OST LOCKT

Gruppenausstellung mit:
Nadya Kuznetsova (Russland)
Flo Kasearu (Estland)
Alice Kask (Estland)
Vesna Pavlovic (Serbien)
Svetozara Alexandrova (Bulgarien)
Tina Gverovic (Kroatien)
Lee Berre (Korea)
Petra Polifkova (Tschechien)
Mariusz Tarkawian (Polen)
Ruslan Vashkevich (W-Russland)
Andrius Zakarauskas (Litauen)
Krassimir Terziev (Bulgarien)

Vernissage: Freitag, 14. November, 18.00 – 20.00h
Ausstellung: 15. November, 2008 – 31. Januar, 2009


Wie die Kultur der osteuropäischen Länder auf die veränderte politische wie auch gesellschaftliche Situation nach dem Zusammenbruch des Kommunismus reagiert hat, ist keine neue Frage. Schliesslich ist der Umbruch in diesen Ländern auch schon einige Jahre alt.
Die Kunst, so die These des Kunsttheoretikers und Kurators Boris Groys, entlehnt Zeichen aus den symbolischen Trümmern der untergegangenen Systeme. Sie bilden ein kollektives Erbe und sind doch kein Kulturgut, das eine selbstverständliche Übernahme unter neuen Paradigmen erlauben würde.
Die Ausstellung OST LOCKT / EAST UP konzentriert sich auf junge Positionen aus hauptsächlich osteuropäischen Ländern, welche als neue Generation die Transformationsprozesse in ihrer Lebenswelt beobachten und kommentieren.
Alle vorgestellten Künstlerinnen und Künstler dieser Ausstellung sind sich der reichen künstlerischen Traditionen ihrer Länder sehr wohl bewusst. Ohne sich ihrer Tradition zu verweigern, richten sie ihren Augenmerk verstärkt auf das Unerkannte, Übersehene oder Undeutliche in der Gesellschaft und suchen nach Darstellungen sozialer, politsicher oder tagesaktueller Belange. Die Suche nach neuen Ausdrucksformen manifestiert sich oft in einem hohen Mass an Ambiguität, welche geprägt ist von einem intensiven und angeregten Dialog zwischen Erinnerungen, welche oft auch trügerisch sind, und der aktuellen Lebensrealität.
So zahlreich die Herkunftsländer sind, aus denen die in dieser Ausstellung vertretenen Künstlerpositionen stammen, so vielfältig sind auch die Herangehensweisen und Themen, die in den gezeigten Werken zu sehen sind. Verbunden werden die zwölf Positionen durch ein verwandtes Verständnis für ihre
Umgebung, welche sich durch Globalisierung und freien Markt teilweise in rasantem Tempo verändert.
Die hier gezeigten Künstlerinnen und Künstler glauben an Aussagen und Sinnstiftung innerhalb des Kunstkontextes, formulieren Kommentare und äussern ihre Meinungen. Sie alle regen zu einer Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Kunstpositionen an, welche auch anders geartete und skeptische Sichtweisen zulässt.

Nadya Kuznetsova (Russland)
Die russische Künstlerin Nadya Kuznetsova knüpft an der Petersburger Tradition an, welche durch eine romantische Einstellung zur Fotografie geprägt ist. Im Spannungsverhältnis zwischen traditioneller Schwarzweiss-Fotografie und aktueller Grafik wirken ihre Fotografien auf den ersten Blick wie Zeichnungen. Sie bestechen durch eine aussergewöhnliche Sinnlichkeit, welche den glatten Oberflächen
der Fotografie fremd ist. In jedem einzelnen Handabzug klingt die Sinnlichkeit des Produktionsvorgangs an und schafft, verstärkt durch die faszinierende Materialität der Bilder, eine traumartige, märchenhafte Atmosphäre, welche in der Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Fotografie selten anzutreffen ist.

Flo Kasearu (Estland)
Die erst 23-jährige Malerin aus Estland, welche sowohl in Tallinn wie auch in Berlin Kunst studiert, beeindruckt durch ihre grosszügige und dennoch präzise Malweise. Ihr Interesse gilt alltäglichen, oft unauffälligen Situationen im öffentlichen Raum, welche sie sowohl mittels Intervention vor Ort wie auch im Medium der Malerei befragt. In ihren Bildern werden Orte, die gewöhnlich nicht zum Verweilen einladen,
zu malerischen Ereignissen, die mit politischen Haltungen aufgeladen zu sein scheinen.

Alice Kask
(Estland)
Die Malerei von Alice Kask besticht durch eigenwillige Bildfindungen. Sie behandelt in ihrer Malerei die Leinwand als abstrahierten Ort, auf dem ungewöhnliche Perspektiven und fragmentierte Situationen den Betrachter zu involvieren vermögen. Es entstehen Begegnungen mit einer Welt, die seltsam verrückt erscheint, die teilweise ausser Fugen geraten zu sein scheint. Mit präziser Malerei lädt Alice Kask Leerstellen im Bild auf, bespielt dadurch imaginäre Räume und verweist auf seltsame und doch bekannte
Befindlichkeiten.

Vesna Pavlovic (Serbien)
Vesna Pavlovic untersucht in ihrer fotografischen Arbeit unterschiedliche Kulturen und deren visuelle Repräsentationen. Geschmack, wie auch gesellschaftlich geprägte Wünsche und Erwartungen sind Themen, die sie in ihrer Arbeit befragt. Sie fokussiert sich auf ausgewählte Phänomene und studiert das Verhalten einzelner sozialen Gruppen. Die Serie „Show Homes“ zeigt Modellhäuser, welche an unterschiedlichen Orten in den USA aufgenommen wurden. Diese Bilder erinnern stark an Filmsets,
irritieren durch ihre seltsame Ästhetik und befragen dabei die Grenze zwischen Privatem und Öffentlichem – eine Frage, die anhand der amerikanischen Motive exemplarisch behandelt wird.

Svetozara Alexandrova (Bulgarien)
Svetozara Alexandrova gehört zur jüngsten Generation bulgarischer Künstlerinnen und Künstler, für welche die Tendenz der Wiederentdeckung der Malerei typisch ist. Sie hat ihre klassischen Grundlagen in Bulgarien erlernt und hat ihre Arbeit in der Übergangszeit zwischen der „alten Schule“ und „den neuen Einsichten“ entwickelt. Gleichzeitig bündelt sie die für das ehemalige Osteuropa spezifischen Fähigkeiten
und die moderne Kunsttheorie und –praxis in sich. Auf eine unprätentiöse und unkonventionelle Weise widmet sich die 28-jährige Künstlerin der figurativen Malerei, in welcher Körperlichkeit ungeschönt betrachtet und mit allen Sinnen erfahren wird.

Tina Gverovic (Kroatien)
In einer Zeit, in der das Reisen alltäglich, in der die Überraschung, welche Entdeckungen gewöhnlich in sich bergen, vorhersehbar geworden sind, widmet sich Tina Gverovic dem Reiz der Exotik. In ihren Zeichnungen und Malereien holt sie den Betrachter bei seinen Phantasien von Entdeckungsreisen ab und knüpft an bekannten Sehnsuchtsmotiven an. Reisen ist nicht nur der Inhalt der Arbeit von Tina Gverovic,
es ist auch die Metapher für ihr künstlerisches Arbeiten. Der Banalisierung der Welt begegnet sie mit zarten Zeichnungen, die viel mehr fiktional und narrativ als dokumentarisch zum Nachdenken anregen.

Lee Berre (Korea)
Die junge koreanische Künstlerin schöpft in ihrer Arbeit sowohl aus ihrer Kunst- wie auch aus ihrer Grafikausbildung. Sie verwendet in ihrer Arbeit traditionelle Holzgründe und lässt mittels Mischtechnik wundersame, intensive und verschrobene figurative Welten entstehen. Aus flächigen Hintergründen, oder collagierten Textilien schaffte sie gekonnt Räumlichkeit im Bild und kombiniert diese mit präziser Malerei.
In ihren Bildern lässt sie erstaunliche, verborgene und ausserordentlich intensive Welten entstehen, welche durch ihre gnadenlose Präsenz bestechen.

Petra Polifkova (Tschechien)
Die Arbeiten der erst 23-jährigen tschechischen Malerin, die zur Zeit an der Akademie der bildenden Künste in Prag studiert, wird erstmals ausserhalb von Tschechien gezeigt. Ihre Bilder verweisen In ihrer Ästhetik gleichzeitig auf kunsthistorische Vorbilder wie auch auf bekannte tschechische Märchenverfilmungen. Petra Polifkova greift in ihren Bildern die melancholische Tradition der ländlichen Weite auf und vermag durch atmosphärische Intensität die gemalte Luft geschichtsträchtig aufzuladen.

Mariusz Tarkawian (Polen)
Der junge polnische Künstler Mariusz Tarkawian ist ein begnadeter und schneller Zeichner. Die Serie „Looking for Art“ umfasst hunderte von Zeichnungen, die alle im gleichen Format von 10 x 15 cm auf leicht vergilbtem Papier auf Karton aufgezogen werden. Ausgehend von Abbildung von Kunstwerken, die er in den unterschiedlichsten Zeitschriften und Büchern findet, zeichnet er sich durch das zeitgenössische Kunstgeschehen. Zeichnend ermöglicht er sich so immer wieder neue Sichtweisen und Lesarten, wobei er sich gleichermassen den Werken von weltbekannten Grössen wie auch denjenigen von (noch) ganz unbekannten Kunststudenten widmet. Fein säuberlich nummeriert er jede entstandene Zeichnung, stellt sie in 25er Serien zusammen und demokratisiert damit seinen Zugang, wie auch denjenigen des Betrachters zur aktuellen Kunst.

Ruslan Vashkevich (W-Russland)
Ruslan Vashkevich spielt mit Gedanken und materialisiert diese in seinen Gemälden auf immer wieder erstaunliche Art und Weise. Er experimentiert mit stereotypen Ideen und visuellen Elementen und bricht dadurch gewohnte Erwartungen. In seinem absurden Surrealismus beschäftigen ihn vielmehr seine Konzepte und visualisierte Überlegungen als rein malerische Fragen. Der Betrachter wird immer wieder
herausgefordert, angenommene Wahrheiten werden befragt. Manchmal überraschen seine Bilder durch Humor, manchmal aber auch auf durch unerwartete Poesie.

Andrius Zakarauskas (Littauen)
Das Thema der Bilder von Andrius Zakarauskas ist immer wieder er selbst. Der Künstler ist am schöpferischen Akt des Malens und Zeichnens als solchem ebenso stark interessiert wie an den Anregungen, die er in Ereignissen der eigenen Autobiographie, in seiner Umgebung und in der Kunst findet. Nahezu alle Personen in seinem Werk sind Selbstporträts ohne Gesichter. Alle Gestalten sind nur angedeutet, oft nur als ephemere Schatten dargestellt und erwecken dadurch den Eindruck der
Vergänglichkeit. Indem sich der Künstler selber bei der Arbeit zeichnet und malt, verwischt er die Grenze zwischen sich und dem Bild, eine Unbestimmtheit der Bilder entsteht, die den Betrachter emotional zu berühren vermag.

Krassimir Terziev (Bulgarien)
Der bulgarische Künstler Krassimir Terziev wurde durch seine Videoarbeiten bekannt, in denen er den westlichen, kapitalistischen Einfluss auf den Stadtraum und die Gesellschaft von Bulgarien reflektierte. In dieser Ausstellung zeigen wir Arbeiten des ursprünglich als Maler ausgebildeten Künstlers. Auch in seinem aktuellen malerischen Werk beschäftigt sich Krassimir Terziev mit dem realen urbanen Raum und befragt den so losen Bezug zwischen visueller Kultur und Realität. Als scharfsinniger Beobachter der rasanten Veränderungen, die in den letzten Jahre in Sofia stattgefunden haben, verweist er mittels Überlagerungen von verschiedenen inhaltlichen Ebenen auf die Imagination der Moderne und arbeitet so Ängste vor dem Unbekannten malerisch heraus.

Galerie Römerapotheke, Rämistrasse 18, CH - 8001 Zürich | gallery@roemerapotheke.ch | Impressum | top