Marcel Gähler

Kunstbulletin
Dominique von Burg : Marcel Gähler eröffnet in filigranen fotorealistischen Zeichnungen, Aquarellen und Ölbildern Szenen einer nächtlichen, kaum beachteten Welt mit unerwarteten Abgründen.

Zürich : Marcel Gähler in der Römerapotheke

Marcel Gähler ist stets mit seiner Kleinbildkamera unterwegs. Zwischen der Dämmerung und dem Morgengrauen, bei Regen oder Schnee lichtet Gähler belanglose Orte ab: Brachen, Schrebergärten, Wälder und die am Rande von urbanen Siedlungen so typischen Unorte. Mit Vorliebe blitzt er ins Dunkel der Nacht, wählt eine starke Aufsicht oder richtet seine Kamera geradewegs auf den Boden. Meist sind die Fotografien unscharf, verwackelt und unprofessionell. Doch das ist nicht relevant, denn sie dienen ihm lediglich als Vorlagen für hyperrealistische Ölbilder, Aquarelle und Zeichnungen. Das unscharfe Element der Fotografien nimmt Gähler auf und akzentuiert es noch, auch wenn er im winzigen Format von 6 x 9 Zentimetern ungemein präzise und detailliert Bäume, Sträucher, Blätter, die gefrorene Erde und vereinzelt Häuser zeichnet. So detailliert strichelt der in Winterthur lebende Marcel Gähler (*1969, Zürich), dass er sogar die Schneeflocken festhält, die auf der Linse haften geblieben sind. Durch die malerische und zeichnerische Übertragung wird zunächst die Zeit zurückgedreht. Was zuvor dem schnellen, uninteressiert dahinschweifenden Blick entgangen war, in der Fotografie jedoch enthalten ist, kristallisiert sich nun durch den langsamen Übertragungsprozess in den Bildern verstärkt heraus. Dadurch sind die Bilder mit Bedeutung aufgeladen und lassen der Interpretation freien Lauf. Durch die Wahl eines engen Ausschnitts, den Gegensatz zwischen Licht und Dunkel, Schwarz und Weiss - selten verwendet Gähler Farben - schleicht sich eine andere Dimension ein. Diese ist nicht nur atmosphärischer Natur, sondern eröffnet sich in innere Landschaften und konfrontiert uns mit entrückten Erinnerungen und diffusen Gefühlslagen. Angesichts einer verzogenen Hausfassade im Regen kriecht einem die Trostlosigkeit des anbrechenden Morgens in die Knochen. Während das Skelett eines blatt-losen Strauches im Schnee an das Verlöschen, das Ende jeglichen Seins gemahnt, evozieren Baumspitzen, die in einen milchig trüben Himmel ragen, ein Caspar David Friedrich'sches winterliches Landschaftsstück. Unheimlich wird es, wenn der Blick auf ein mit Plastikhüllen abgedecktes Gemüsebeet gelenkt wird. Während der Vorder- und Mittelgrund im grellen Schein des Blitzlichtes aufleuchten, ist der Hintergrund in absolute Schwärze getaucht und die Abdeckung nimmt eigenartig anthropomorphe Formen an. Während die stimmungsvolle Dichte und oft unheilschwangere Atmosphäre, welche in den Zeichnungen vorherrschen, sich erst aus der Nähe erschliessen, entfalten sich die mittelgrossen Aquarelle und Ölbilder mit den ähnlichen Motiven schon von Weitem. Sie wirken harmonisiert, atmen jedoch eine mystische Weite.

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