Volker März

Kafka in Israel
Franz Kafka: „Unter uns Menschen ist ein Affe der mit Abstand grösste Aussenseiter" 
                                                                                                                                                         
Beginn seiner Dankesrede vor der Knesset aus Anlass von Kafkas 100sten Geburtstages, Jerusalem 1984


Die Ausstellung in der Galerie Römerapotheke zeigt erstmals Ausschnitte aus dem 2007 begonnenen Werkzyklus "Kafka in Israel" von Volker März.
Der Inhalt dieser Werkgruppe ist schnell erzahlt: Kafka stirbt nicht 1924 im Alter von 40 Jahren an Tuberkulose, sondern rudert mit seinem Affen Rotpeter nach Palästina, wo er noch heute lebt. Von dort aus kommentiert er unsere Geschichte und die Geschichte Israels in knappen Kommentaren und Bildern.
Herr Rotpeter, der immer an seiner Seite durch die Geschichte eilt, ist sein zweites Ich: ein menschgewordener Affe, der, aus dem Dschungel der Freiheit durch zwei Kugeln ( wie Rabin) herausgeschossen, von Menschen gefangengenommen, beschliesst durch Anpassung an den Menschen sein Leben lieber in einem Zirkus (Kunstwelt) weiterzuführen, als in einem Zoo ( Büro ) ... der Affe wird Artist ... wird Künstler ... und schafft es am Ende über diese Menschwerdung zu berichten (siehe: Franz Kafka: ein Bericht für eine Akademie).

Der, seiner Freiheit beraubte Affe wird Künstler, um zu überleben ... es ist Kafkas selbst und daher die einzige positive Figur in all seinen Romanen und Aphorismen ... die meisten anderen, gehen an dem Freiheitsverlust zu Grunde.
So ist es immer wieder Herr Rotpeter, der in Israel nach Bombenangriffen und Selbstmordattentaten in Ramallah, Tel Aviv oder Jerusalem ... auf meinen Bildern von Kafka gerettet werden muss . Dies sind allesamt übermalte Pressefotos von den jeweiligen historischen Momenten.
Doch bevor Kafka, dank seiner immensen Langlebigkeit, im Heute ankommen kann, wird er erst einmal am Strand geboren, als einer unter vielen Selbstlingen. Die Zeit seines Erwachsenwerdens, war auch die Zeit, in dem sich alte Systeme mehr und mehr auflösten und das Individuum als ein sich abgrenzendes Selbst in die Lebensumlaufbahn entlassen wurde. Durch das Aufkeimen der Psychoanalyse lösen sich Familienstrukturen auf und das ICH beginnt seinen taumelnden Siegeszug durch das Jahrhundert. Die Selbstlinge sind als kleine Fleischtöpfchen dargestellt in dessen hellblauem Innen ein kleiner schwarzer Punkt erscheint ... von oben betrachtet: ein blaues Auge ... auch Kafka hatte blaue Augen.

Erwachsen geworden und aufrecht stehend, sehen wir zu Beginn der Ausstellung einen mit zwei Pistolen zielenden nackten Kafka ... Diese Kafka-Ikone steht als ein erstes wirkliche Zusammenfassung mit dem Thema: Kafka in Israel. Kafka ist hierbei ein Opfer, das sich bewaffnet hat und zielt. In einem kleinem kleinen fiktiven Brief an seinen Verleger Klaus Wagenbach lässt Volker März Kafka schreiben ( man sollte noch wissen, dass 1991 die mutmasslichen Gifgasbomben aus dem Irak in Israel niedergingen):

"Lieber Klaus,
vorgestern habe ich mir von den Tantjemen die zwei Pistolen gekauft, von denen ich dir im letzten Brief berichtet hatte. Seitdem stehe ich nachts auf dem Dach und schiesse im lärmenden Schutz der heulenden Sirenen auf leere Hühnersuppendosen. Bei jedem Schuss denke ich ganz liebevoll an meinen Vater. "
                                                                                                 Franz Kafka., Tel Aviv 1991

Kurze Foto/Filme zur Ausstellung auf www.youtube.com u.a. mit dem Popsong: Ruderjude (* Musik Bernadette la Hengst Text Volker März )





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